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Figurencharakterisierung in literarischen Texten

Die folgende Übersicht (nach Duden: Basiswissen Schule - Literatur. Mannheim u.a., 2002, S. 62) wurde ursprünglich für die Figurencharakterisungstechniken im Drama verfasst. Sie lässt sich aber auf Erzähltexte übertragen; ich habe einige Punkte ergänzt:

 auktorial
(Autor/Erzähler - Zuschauer/Leser)
figural
(Figur - Zuschauer/Leser)
explizit
  • Figurenbeschreibung im Nebentext
  • sprechende Namen der Figur
  • Erzählerkommentar
  • Figur erklärt sich selbst im Monolog bzw. im Gespräch mit einer anderen Figur
  • andere Figuren erklären die Figur
implizit
  • Hervorhebung der Merkmale einer Figur durch Übereinstimmung oder Kontrast zu anderen Figuren
  • Motive, Gegenstände, die der Figur zugeordnet sind
  • Handlungen und Unterlassungen
  • außersprachliche Mittel (Mimik, Gestik, Masken, Kostüme/Kleidung, Umgebung)
  • sprachliches Verhalten (Satzbau, Wortwahl, Dialekt, Stimmqualität)

Siehe auch die detaillierte Übersicht über die Elemente, auf die man bei einer literarischen Charakteristik achten muss.

Vorsicht bei Erzähltexten:

Bei der "auktorialen" Charakterisierung muss zwischen Erzähler und Autor unterschieden werden. Es ist z.B. denkbar, dass der Erzähler eine Figur bewundert und lobt, während Kenntnisse über den Autor oder auch Signale im Text selbst deutlich werden lassen, dass der Autor sie durchaus kritisch oder mit ironischer Distanz sieht.

Schreiben einer Figurencharakteristik

Der erste Schritt ist die Materialsammlung, die alle möglichen relevanten Stellen zusammenträgt, die etwas über den Charakter der Figur aussagen. In der Regel werden einem zunächst die explizit charakterisierenden Stellen auffallen: Sie antworten direkt auf die Frage und sind knapp und zitierfähig formuliert.
Aber auch die implizit charakterisierenden Textdaten sind wichtig. Hierbei gilt es zum Beispiel, die Konstanten in der Handlungsweise über einen ganzen Roman hinweg zu beobachten, oder man muss unscheinbare Gesten oder auch Hinweise zur Kleidung finden und richtig interpretieren.

Der zweite Schritt ist die Gliederung des Materials, indem man die Fülle unter einige zentrale Gesichtspunkte zusammenfasst und wie zu einem Erörterungsaufsatz ordnet. (Aufpassen bei figuraler Charakterisierung: Was die vielen Figuren eines Romans oder eines Dramas so alles daherreden, muss keineswegs alles stimmen! Deshalb ist der Hinweis auf den Erörterungsaufsatz nicht zufällig: Die Interpretation komplexer Charaktere ist nicht einfach und oft sind widersprüchliche Hinweise in Beziehung zu setzen, was nur in der Form einer Erörterung geht.)

Und dann erst schreiben wir einen feinen Aufsatz mit einer Einleitung, in dem wir sagen, was wir wollen, mit einem Hauptteil, in dem wir die vielen Gesichtspunkte aufführen und interpretieren und mit einem Schluss, der alles noch einmal auf den Punkt bringt ...