Fährt man derzeit durch Berlin-Spandau, gibt’s für Schachspieler was auf die Augen. Swen Schulz, SPD-Bundestagskandidat, wirbt Schach spielend „für faire Bildungschancen“. Er hat gemeinsam mit einem Teenie-Model ganz offenbar „Mit Köpfchen!“ einen schwarzen Spieler mattgesetzt oder zumindest besiegt, denn dessen König liegt deprimiert auf dem Damenflügel herum. Und wie sie sich freuen, die beiden. Dabei ist der Betrachter ungefähr der Schwarzspieler und hat soeben eine bittere Niederlage erlitten.
Botschaft: Die SPD macht euch platt. Und lacht sich auch noch eins. Da fragt man sich, ist das jetzt wirklich eine clevere Wahlwerbung? Und man erinnert sich an Peer Steinbrück, der sich ebenfalls Schach spielend mit Helmut Schmidt auf seinem Buch unsterblich blamiert hat, weil das Brett falschherum steht. Würde kein Schachspieler auch nur 10 Sekunden aushalten: Ein verkehrtrummes Brett.
Wie auch immer, schauen wir uns die Stellung genauer an: Die Perspektive ist nicht gerade günstig, aber wenn Sherlock Holmes aus Schachstellungen Mordfälle rekonstruieren kann – diese Position kriegen wir hin.Das Foto zeigt sie von Schwarz aus und, so nehmen wir wohlwollend zur Kenntnis, es handelt sich um ein richtigrummes Brett. Ein ziemlich altes übrigens, also viel benutzt, und billige Figuren vom Obi-Flohmarkt, aber seien wir nicht mäkelig. Der Mann hier auf dem Foto ist Familienvater, da nutzen Spielgeräte schnell ab. Abgesehen davon ergibt sich folgendes Diagramm, diesmal von oben und von Schwarz aus gesehen (wobei der schwarze König undeutlich zwischen c6, c8, a8 und a8 liegt):
Und was ergibt die Analyse? Fragen über Fragen. Wie kommt der Springer nach g2? Was soll der Läufer auf e3? Die Dame steht auf h6 bizarr. Wo sind die schwarzen Leichtfiguren? Und die Bauern? Wer hat Weiß verraten, dass die lange Rochade mit dem König auf c1 endet? Kinderturniere ergeben sinnvollere Stellungen.
Schwarz auf jeden Fall hatte eine DWZ, die maximal seinem IQ entsprach. Seine Stellung ist eine Trümmerlandschaft.
Ja, Herr Schulz, wenn die SPD schon zwei Leute braucht, um einen so mickerigen Spieler zu besiegen, der der Wähler ist, was braucht es dann, wenn der Gegner richtig was auf dem Kasten hat?
Eigentlich schade, dass die Politiker immer die gleichen Fehler machen… Herr Schulz hat ein noch viel genialeres Vorbild, auch wenn ihm dies ob der politischen Ausrichtung gar nicht recht sein dürfte: http://www.schachimedes.at/html/tagebuch3.htm (dort die Nummer 27). Vielen Dank, Hartmut für deinen Beitrag. Ich fahre auch jeden Tag an den Plakaten vorbei, aber auf die Idee einer schachlichen Analyse war ich noch nicht gekommen.
Vielen Dank für den Haider!
Wenn man sich das Plakat genau anschaut: Steht dort: „für faire Bildungschancen“
Das würde ich so interpretieren, dass er sich dafür einsetzen will das auch sein Gegner (der Schwarzspieler; Schwarz steht immer für die dunkle Seite also neagtiv) die Chance bekommt sich weiter zu bilden.
Das Schachspiel ist ja nur Symbolhaft für die Bildung und durchaus klug gewählt, da Schach ein sehr komplexes Spiel ist und eine hohen Stellenwert in der Gesellschaft hat.
Wenn ich mir die Stelllungen der hinteren Partien bei den Open in Berlin anschaue dann muss ich sagen ist diese Stellung hier im Gegensatz zu einigen Stellungen dort noch human.
Natürlich ist es klug gewählt; aber mich ärgert immer wieder, dass die konkret dargestellten Positionen so schlampig recherchiert sind. Dann wird daraus ein Bumerang.
Sehr spät und zufällig bin ich auf Ihren Blog gestoßen. Ich fand es sehr spannend, wie Sie sich mit meinem Plakat auseinandergesetzt haben.
Mit besten Grüßen
Swen Schulz
PS: Vielleicht haben Sie ja Interesse an einem persönlichen Gespräch oder mögen mich in Ihren Schachclub einladen – auch jetzt nach der Wahl. Sie erreichen Sie mich unter Tel.: 227 70 185 oder unter swen.schulz@bundestag.de